Motivation
In den nachfolgenden Abschnitten geht es zunächst um die Syntax und die Semantik der Aussagenlogik. Mit der Syntax definieren wir, was wir überhaupt notieren dürfen. In der Mathematik z.B. ist \(3+4\) ein syntaktisch korrekter Term (man spricht auch von wohlgeformt), die Zeichenkette \(3 ++ 4\) hingegen nicht. Ähnliches wollen wir nun für die Aussagenlogik definieren und damit dann die wohlgeformten Formeln der Aussagenlogik definieren. Dies wird uns dann Notationen wie \(A \wedge B\) erlauben, nicht aber \(\wedge A \wedge B\). Im Anschluss werden wir dann die Semantik definieren. Ziel dabei ist es, jeder Formel einen eindeutigen Wahrheitswert (also eine Bedeutung) zuzuweisen. In der Aussagenlogik kann eine Formel wahr oder falsch ein. Das Ziel ist es ausgehend von Wahrheitswerten für die atomaren Formeln wie \(A\) oder \(B\) und einer Definition für die einzelnen Verknüpfungen, zu einem Wahrheitswert für die ganze Formel (z.B. \(A \wedge B\)) zu kommen.
Zunächst ist jedes Aussagensymbol auch eine (atomare) Formel. Ferner kann man, gegeben zwei Formeln \(F\) und\(G\), diese durch die Junktoren zu einer neuen Formel kombinieren. So sind dann auch \(\neg F, (F \wedge G), (F \vee G), (F \Rightarrow G)\) und \((F \Leftrightarrow G)\) (komplexe) Formeln. Damit ist man mit der Definition der Syntax der Aussagenlogik, also damit, wie Formeln „aussehen“ dürfen, auch schon fertig. Eine den obigen Regeln entsprechend gebildete Formel nennt man dann auch wohlgeformt. Wir fassen dies noch einmal in folgender Definition zusammen:
Definition 2.1
Mit \(AS_{AL} = \{A_1, A_2, \ldots\}\) sei die (abzählbar unendliche) Menge der Aussagensymbole der Aussagenlogik bezeichnet.Die Menge \(\mathcal{L}_{AL}\) der (wohlgeformten) Formeln der Aussagenlogik definieren wir mittel
- Jedes \(A \in AS_{AL}\) ist eine (atomare) Formel.
- Ist \(F\) eine Formel, so ist auch\(\neg F\) eine (komplexe) Formel.
- Sind \(F\) und\(G\) Formeln, so sind auch\((F \vee G), (F \wedge G), (F \Rightarrow G)\) und \((F \Leftrightarrow G)\) (komplexe) Formeln.
- Es gibt keine anderen Formeln, als die, die durch endliche Anwendungen der Schritte 1-3 erzeugt werden.
Nutzen wir die weit verbreitete Konvention, Buchstaben am Anfang des Alphabets für atomare Formeln zu nutzen (also \(A, B, C, \ldots\)), so sind weitere wohlgeformte (d.h. korrekt gebildete) Formeln dann z.B.\(((A \vee B) \Rightarrow C)\) oder \((\neg A \wedge B \wedge \neg C) \vee (A \wedge \neg B \wedge \neg C)\), wobei bei letzterem bereits an mehreren Stellen Klammerersparnisregeln angewandt wurden, d.h. nicht nötige Klammern wurden weggelassen. Dies betraf hier die äusseren Klammern und Klammern, die durch das mehrfache \(\wedge\) aufgetreten wären. Wir kommen später noch auf die Klammerersparnisregeln zu sprechen.
Nicht wohlgeformte Ausdrücke entstehen z.B. durch falsche Klammerung wie in \((F \vee G(\) oder aneinandergereihte Junktoren wie in \(F \vee \vee G\).
Noch ein paar Begrifflichkeiten. Wir hatten bereits den Begriff des Aussagesymbols und den des Junktors (die \(\neg\), \(\vee\) usw.). Weitere gebräuchliche Begriffe sind Alphabet für die Menge der benutzbaren Symbole. Das Alphabet besteht bei uns also aus den Aussagesymbolen, den Junktoren und den Klammern. Weiterhin nennt man eine Formel, die beim Aufbau einer Formel \(F\) verwendet wird, eine Teilformel von \(F\). Außerdem ist \(F\) Teilformel von sich selbst. Den Junktor, der im letzten Konstruktionsschritt verwendet wurde nennt man den Hauptoperator. Nach dem Hauptoperator werden komplexe Formeln oft benannt. Zum Beispiel ist in der Formel \(F = (A \vee (B \wedge C))\) \((B \wedge C)\) eine Teilformel. Der Hauptoperator ist \(\vee\), weswegen \(F\) auch als Disjunktion bezeichnet wird (im Falle von \(\wedge\) spricht man von einer Konjuktion, bei \(\Rightarrow\) von einer Implikation und bei \(\Leftrightarrow\) von einer Biimplikation).